Wow, welch angestaubtes Rollen-Klischee ist denn da aus der Mottenkiste gekullert? Ich war absolut sprachlos, als ich das Gamer-Video der Bundesregierung zur Kampagne »Zusammen gegen Corona – #besonderehelden« zum ersten Mal gesehen habe! Eigentlich ist die Helden-Botschaft in dem knapp zweiminütigen Clip wohl durchaus positiv gemeint, doch dank der fürchterlichen Wortwahl und überholten Klischees, mit der die Zielgruppe der Videospielenden Menschen in Deutschland beschrieben wird, ist das eher ein Schlag ins Gesicht. Das Filmchen ist weder ernsthaft genug, noch zu wenig überspitzt, als das ich daraus eine Botschaft ziehen kann. Ich bleibe mit vielen Fragezeichen vor dem Bildschirm zurück: Soll das jetzt ein »Dankeschön« sein für die vielen Wochen, die wir schon daheim ausharren und möglichst auf jeden Kontakt verzichten? Habe ich das Augenzwinkern oder den fetten Smiley am Ende der Kampagne verpasst? Was ist mir entgangen – Satire?
Ein Hauch »frontal21« mit einer Prise »RTL Explosiv«!?
Sind Leute, die gerne alleine oder mit Freunden vor dem Rechner oder der Spielekonsole sitzen und lieber Abenteuer in der virtuellen Welt erleben, als sich das klassische Fernsehprogramm anzuschauen, wirklich immer noch mit überholten Klischees behaftet? Sind wir als GamerInnen mit dem Image des Fertiggerichte verschlingenden und geschmacklosen Faulenzers abgestempelt, der nichts auf die Reihe kriegt, außer sich die Finger an seiner Tastatur wund zu rubbeln? Der vehement das Sonnenlicht scheut und Mutti sich freut, wenn der »Junge« sich wenigstens ab und zu die Haare wäscht? Und was ist eigentlich mit diesem Monitor-Setup los?
Wäre die Situation mit der fortbestehenden Pandemie nicht so ernsthaft, würde ich wahrscheinlich, wie damals vor 9 Jahren bei den Gaming-Berichterstattungen von frontal21 und den fragwürdigen Aussagen von RTL Explosiv, einfach lachend abschalten. Doch hier fragt man sich ernsthaft, wie eingerostet dieses Schubladendenken und die mangelnde Recherche ist? Schade, ich dachte wir wären im Jahr 2020 bereits etwas weiter in Deutschland.
Sieht so unsere Zukunft aus?
Die anderen Videos zur selbigen Kampagne sind zwar etwas intelligenter und freundlicher formuliert, trotzdem drängen sich mir Bilder von Eltern auf, die beim Anblick der Videos zwischen Home Office, Home Schooling und Bastelmarathons mit ihren Kleinsten in ihren Stadtwohnungen ohne Balkon wahrscheinlich grade in Embryonalstellung auf dem heimischen Wohnzimmerteppich einen hysterischen Lach-Heul-Krampf erleiden. Und wie schade, dass sich in all den Jahren unsere Zukunft augenscheinlich nicht verändern wird? Da habe ich mir schon vorgestellt, dass vielleicht der Wohnzimmersessel schwebt oder die Zimmerlampe aus einem kleinen motorisierten Helfer besteht. Hätte man in den Videos nicht vielleicht lieber auf unsere wahren Helden da draußen hinweisen können? Was ist mit all den Menschen aus den Bereichen Medizin, Pflege und Dienstleistung? Die haben in diesen schweren Zeiten doch wohl deutlich mehr Respekt und Aufmerksamkeit verdient.
Für mich kommen die gut gemeinten #besonderehelden Videos viel zu spät und sind eher eine geschmacklose Provokation derer, die versuchen sich mit allem, was ihnen zur Verfügung steht, über Wasser zu halten. Da werden Eltern spontan zu Lehrern, Restaurants entwickeln neue Konzepte, Künstler geben Ausstellungen unter freiem Himmel und wir lernen alle neu miteinander zu leben – gebt nicht auf!
Wie schon des öfteren in der Videorubrik, so möchte ich auch heute wieder ein paar schöne Kommentare zu den hier vorgestellten Youtube-Videos hervorheben, um vielleicht doch noch ein echtes Lachen hervorzulocken:
TheFloRyan123: »Bundesregierung ähnlich beliebt wie die deutsche Nationalmannschaft, ich sehe da ein Muster.«
387_Kevimz: »Montanablack auf wish bestellt«
Jinsness: »Ab sofort werde ich die Schule schwänzen und den ganzen Tag zocken, so wie es die Bundesregierung verlangt«
Axel Daxl: »Und der Satire-Preis 2020 geht aaaaan die Bundesregierung«
Grey Wolf: »Ich arbeite zwar in einem Pflegeheim, aber nachdem ich dieses Video gesehen habe möchte ich jetzt auch ein besonderer Held sein. Ich bleib jetzt auch einfach zuhause. Am besten motiviere ich meine Kollegen, das auch zu tun.. wollen ja alle Helden sein.«