Hier eine kurze Vorgeschichte, wie es trotz meines immer noch stetig wachsendem Pile of Shame zu diesem überraschenden Indie-Game-Ausflug kam. Selten landen einfach so Spiele auf meinem Tisch oder wie in diesem Fall, besser gesagt, auf meinem digitalen Desktop, aber manchmal kommt es anders als man denkt. Die meistens Games, die ich spiele, sind offizielle Testmuster, die ich Wochen zuvor bei den Spieleherstellern angefragt habe, doch manchmal, da bekomme ich sozusagen einen freundlichen Arschtritt meiner Freunde, die gerne mal wieder etwas gemeinsam mit mir daddeln möchten.
Oftmals läuft das so ab: Ein kurzes Brainstorming im Discord mit den Wortlauten: »Hey, hast Du Dir schon Spiel XY angeschaut, oder kennst Du eigentlich schon …?« Meine Antworten fallen meistens ganz klar aus, denn natürlich kenne ich fast alles, was da so auf den Markt kommt, ist ja quasi mein Job, aber der Unterschied zwischen Kennen und bereits gespielt haben ist gewaltig. So kam es dann, dass wir uns erst nur zu zweit, dann zu dritt und final zu viert in das nordische Koop-Abenteuer Tribes of Midgard gestürzt haben.
Jeder ist Jäger und Sammler

Angesiedelt ist die Szenerie, wie man bei dem Titel Tribes of Midgard bereits vermuten mag, in der nordischen Mythologie und unsere besondere Aufgabe besteht darin, als einer von bis zu zehn spielergesteuerten Wikingern, den immer schwächer werdenden Weltenbaum Yggdrasil zu beschützen. Das Spiel hat zwei verschiedene Spielmodi, den saisonalen Saga-Modus und den endlosen Überlebensmodus. Insgesamt gibt es acht spielbare Charakterklassen, die sich mit Attributen wie Heilung, Fernkampf, vergünstigte Bauoptionen und Elementarschadensarten unterscheiden.
Hat man sich zu Spielbeginn für eine Klasse entschieden, klingt die Aufgabe erst einmal relativ einfach, auch wenn die Wikinger nicht gerade als die Gärtner der Geschichte bekannt waren. Doch Tribes of Midgard ist kein Spiel für Pflanzenliebhaber, sondern eher für teamfähige Kämpfer. Mit dem Abbau nahe liegender Ressourcen wie Bäume, Erze und Pflanzen erhalten wir Materialien zum Herstellen neuer Werkzeuge und Ausrüstung. Als Nebenprodukt unserer Sammelausflüge erhalten wir Seelen, mit denen wir den Weltenbaum am Leben halten und unser kleines Dorf mit Geschütztürmen und gepanzerten Toren ausstatten können.

Jeder Tag ist in drei Tageszeiten unterteilt: Tagsüber, Dämmerung und Nacht. Tagsüber wird fleißig gesammelt, ausgebaut, geschmiedet, gebraut, gebrauchte Ausrüstung repariert und das Dorf befestigt. Sobald die Sonne untergeht, sollten alle ausgeschwärmten Wikinger wieder schnellstmöglich in die Siedlung zurückkehren, denn nachts fallen die bösartigen Helmonster über den Weltenbaum her und versuchen unser heiliges Gewächs zu zerstören. Obendrein gibt es jeden vierten Tag den gefürchteten Blutmond, bei dem zusätzlich zu den nächtlich heranstürmenden Monstern sehr starke Elitegegner hinzukommen, die, sobald sie erst einmal durch die Mauern gebrochen sind, dem leuchtenden Baum ganz schnell das Licht ausknipsen.
Im Land der elementaren Riesen

Über die gesamte Karte, die aus fünf unterschiedlichen Biomen besteht, sind feindliche NPC-Lager verteilt, die mit kostbaren Schätzen locken, jedoch streng bewacht werden. Diese kleinen Festungen, die mit bis zu zwei Schatztruhen bestückt sind, können je nach Ausrüstungsstufe alleine oder in der Gruppe erobert und geplündert werden. Wer besonders viel Glück beim Erobern der Lager hat, findet neben den wichtigen Materialien vielleicht auch eines der seltenen goldenen Hörner (kostbare Ingame-Währung) oder gar eine nützliche Rune, die dem Spieler zusätzliche Stärke oder Fähigkeiten bieten.

Der gefühlt sehr schnell verlaufende Tagesrhythmus und der immer wiederkehrende Blutmond sind jedoch bei Weitem noch nicht das Ende des obendrein immer anspruchsvoller werdenden Schwierigkeitsgrads. In regelmäßigen Abständen steigt ein Jötunn nach Midgard herab und steuert zielstrebig auf die Siedlung zu. Diese äußerst zähen Riesen repräsentieren die vier Elemente in Tribes of Midgard: Dunkelheit, Blitz, Eis und Feuer und sind nur in geballter Gruppenstärke schnell von der Weltkarte gefegt, denn je mehr Spieler an einer Partie teilnehmen, desto zäher werden die Gegner. Zu guter Letzt wird es im Spiel auch noch ganz langsam Winter, weshalb die Kälteresistenz unserer Spielfiguren uns dazu zwingt, schützende Rüstungsteile herzustellen, um nicht außerhalb der Mauern zu erfrieren. Brrrrrr.

Hat man sich erst einmal in der Welt von Midgard zurechtgefunden, wirkt fast jeder Versuch, das Spiel im saisonalen Modus zu schlagen, wie ein kniffliger Speedrun, an dem bis zu 10 Spieler gleichzeitig teilnehmen. Ich kann nur nochmals betonen, dieses Spiel verlangt Teamplay und Absprache, denn für einige Aufgaben ist das Teilen von Ressourcen untereinander das A und O für das Bestehen in Midgard. Stirbt man auf dem Schlachtfeld verliert man einen Teil seines Inventars und alle gesammelten Seelen, deshalb sollte man immer mindestens einmal während eines Tageszyklus das komplette Inventar, abgesehen von Waffen, Rüstungen und Werkzeugen, in die geteilte Truhe im Dorf legen.
Ein wenig Abwechslung muss sein!

Aktuell ist der Inhalt von Tribes of Midgard noch überschaubar und nach ein paar Abenden und mehreren erfolgreichen Versuchen den Saga-Modus zu bezwingen, hat man leider auch schon alles im Spiel gesehen. Keine Frage, Tribes of Midgard punktet mit einer super Preisleistung, aber erst durch die angekündigten Events und Updates ist wirklich für Langzeitspaß gesorgt. Das nächstes große Update soll ein Halloween-Thema mit ins Spiel bringen, das sicherlich neue Gegner, Waffen und Eventstimmung mitbringen wird. Wer sich vor dem Kauf des Spiels noch ein besseren Überblick über die kommenden Patches und die sogenannte Content Roadmap machen möchte, der sollte die offizielle Webseite im Auge behalten.
Release Termin:
27. Juli 2021
USK:
ab 12 Jahren
Genre:
Action-Rollenspiel, Rogue-like
Spielzeit:
30-40 Stunden
Entwickler:
Norsfell
Publisher:
Gearbox
Erhältlich für:
PC (Steam)
PlayStation 4
PlayStation 5
Fazit
Tribes of Midgard
Tribes of Midgard ist ein kurzweiliges Koop-Abenteuer für Wikingerfans. Dank der kostenlosen Saison-Updates sorgen die Entwickler von Norsfell regelmäßig für Abwechslung. Das einfache Spielprinzip bestehend aus Jagen, Sammeln, Plündern und über Nacht das Dorf und den darin stehenden Weltenbaum Yggdrasil verteidigen, ist zwar überschaubar, funktioniert aber verdammt gut. Ich würde mir zwar etwas mehr Abwechslung in den Aufgaben, Events und Quests wünschen, aber was noch nicht ist, kann ja noch werden. Was aber sicher ist: Bei diesem kleinen Preis von ca. 19,99 Euro im Steam-Shop und den ca. 30-40 Stunden Spielspaß, kann man nicht meckern. Auch die kleinen Saison-Belohnungen wie Begleiter und Waffenskins machen Lust auf mehr. Ich bin gespannt, wie sich Tribes of Midgard dieses Jahr noch weiterentwickeln wird und werde bis dahin meine jetzt schon über 60 Stunden Spielzeit sicher noch deutlich ausbauen.
Pro
- 8 verschiedene Klassen freischaltbar
- unterschiedliche Season-Belohnungen
- Koop bis zu 10 Spieler
- guter Genremix aus Survival und Rouge-like
- optisch gelungener Grafikstil
- gutes Preis-Leistungsverhältnis
- Gamepad-, Maus- und Tastatursteuerung
- motivierende Belohnungen
Contra
- hin und wieder leichte Verzögerungen im Mehrspielermodus
- viele Spielelemente (HUD, Runen, Waffenfähigkeiten) nicht selbsterklärend
- gelegentliche Anzeigefehler bei Ressourcenmengen
- hoher Schwierigkeitsgrad
- seltener Fehler: fehlerhafte Seed (Levelgnerierung)
- Serverliste im Mehrspieler nicht übersichtlich
Letzte Worte
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Packende Koop-Action für zwischendurch!