Ich habe mich für Euch mit meinem Katana zwischen die blutrünstigen Dämonen geworfen, um zu sehen, ob die Schwerter in »Nioh 2« genau so scharf sind wie im ersten Teil. So viel schon mal vorab – mit den Yokai aus der Vergangenheit ist nicht zu spaßen! In Nioh 2, welches das Prequel zur Geschichte des erfolgreichen ersten Teils darstellt, tauchen wir noch tiefer in die dämonische Vorgeschichte ein. Genauer gesagt befinden wir uns diesmal im Japan der Sengoku-Zeit, die von 1477 bis 1573 andauerte. Doch in unserer etwas anderen Fantasy-Geschichte geht es nicht nur um den stolzen japanischen Kriegsadel, seine wunderschönen Tempelanlagen und deren meditative Zen-Gärten – wir sind wieder auf der Jagd nach Geistersteinen. Einfacher gesagt als getan, denn in Nioh 2 wimmelt es nur so von bösartigen Dämonen (Yokai) aller Art, die über das von Clans besetzte Japan herfallen. Diese superzähen und verdammt durchschlagskräftigen Kontrahenten wollen nur eines – unseren Tod.
Ein Dolch, sie zu knechten



Die Geschichte des Souls-like Action-Rollenspiels ist so mystisch wie die Dämonen, denen wir begegnen werden. Also beginnen wir ganz von vorne. Als unsere Mutter durch einen rätselhaften Mann mit einem markanten Stab getötet wird, bleibt uns nur ein gravierter Dolch mit der Inschrift »Hide« als Andenken an unsere behütete Kindheit. Als jedoch eines Tages ein anonymer Brief bei uns eintrifft und wir gebeten werden im Kampf gegen einen Yokai nach Jusanzakura zu reisen, nimmt unser Schicksal seinen Lauf. Natürlich nehmen wir als Auserwählter halb Mensch, halb Yokai (ja, irgendwie haben wir Yokai-Kraft im Blut), die abenteuerliche und extrem fordernde Aufgabe an. Im kleinen Örtchen angekommen schnetzeln wir uns durch die ersten Widersacher und stellen sofort fest, hier ist jeder noch so unscheinbare Gegner eine echte Herausforderung.
Natürlich darf am Ende der Einleitung ein übergroßer Boss nicht fehlen und so stehen wir plötzlich Auge in Auge mit einem mächtigen Yokai – eine Mischung aus Pferd und Mensch, welche uns mit einem haushohen Schwert quer durch das Areal scheucht und den ein oder anderen Zauber auf uns hetzt. Oweia.
In meinem Fall, nach mehrmaligen Anläufen (was für ein Souls-like Spiel meist so üblich ist) besiegen wir diesen beängstigenden Dämon und brechen erschöpft zusammen. Jetzt lernen wir endlich unseren anonymen Brieffreund kennen – Tokichiro, der Geistersteine-Händler, der uns mal eben das Leben rettet, in dem er uns prompt mit einem seiner mächtigen Funkelsteinchen aus unserer unkontrollierbaren Yokai-Form holt. Er bietet uns an, mit ihm zu reisen und gegen die dunklen Mächte der bösartigen Dämonen zu kämpfen, um vielleicht so zu erfahren, woher unsere Gabe stammt und welcher grausame Mann hinter dem Tod unserer Mutter steckt.
Cosplay oder ernsthafter Krieger?



Anders als im Vorgänger, wo wir in die Rolle von Samurai William Adams schlüpften, erschaffen wir uns in Nioh 2 einen eigens kreierten Krieger. Neu ist ebenfalls, dass wir nun auch eine weibliche Heldin erstellen können, welche in meiner Testphase klar das Spiel dominierte. Allein die Charaktererstellung, mit zahlreichen Auswahlmöglichkeiten wie Tätowierungen, Gesichtsformen, Körpergröße, Haarfarbe und vieles mehr, hat mich bereits über eine halbe Stunde beschäftigt, und das, obwohl am Ende eine prunkvolle Rüstung alle aufwendig erstellten Details verdecken wird (kann aber in den Optionen geändert werden).
Was mir natürlich wieder besonders gut gefällt, in Nioh 2 werden wir immer mit unserer aktuell angelegten Ausrüstung in den Zwischensequenzen gezeigt. So lässt sich eine viel bessere Verbindung zu unserem Spielcharakter herstellen, vor allem wenn man so viel Zeit und Mühe in die Charakterkreation gesteckt hat. Wem die japanischen Masken und Helme nicht gefallen, kann diese auch permanent rein optisch deaktivieren, behält aber alle Werte die der jeweilige Ausrüstungsgegenstand mit sich bringt. Die Rüstungen und Sets sind sehr schön anzusehen und besitzen teilweise detaillierte animierte Umhänge oder Bänder, welche die Ausrüstung zieren. Da lohnt es sich sogar die neue Transmogrifikation zu nutzen, die uns die optischen Eigenschaften eines Gegenstandes auf einen anderen übertragen lässt.
Die Qual der Wahl



Die Waffenauswahl in Nioh 2 ist unglaublich! Es gibt sage und schreibe 13 Waffenarten (Schwerter, Speere, Äxte, Tonfas, Odachis, Gleven …) . Jede dieser Kategorien beinhaltet mehr als 15 unterschiedliche Waffen, die alle mit den typischen drei Waffenhaltungen (hoch, mittel, tief) gespielt werden können. Dadurch ergibt sich so enorme Vielfalt, dass selbst nach dem Durchspielen der Handlung, es immer noch Spaß bereitet, weitere Skillungen auszuprobieren und dem ein oder anderen Spieler durch die knifflige Dämonenwelt zu helfen. Einfach nur der Wahnsinn!
Ich war natürlich super neugierig auf die neue Gleve/Switchblade, welche mich an den neuesten Monster Hunter Teil erinnert. Die Waffe ähnelt im ausgefahrenen Zustand einer Sense, zusammengeklappt ist sie eher wie ein Beil. Damit lassen sich zwei komplett unterschiedliche Kampfstile in einer Waffe kombinieren. Ich bin allerdings später im Spiel wieder zu meiner klassischen »Stärke Katana-Skillung« zurückgekehrt.



Die Wahl der Waffen gibt grob die Richtung an, in der wir unsere vielen Fertigkeitspunkte später verteilen werden. Auch in Sachen Fernkampf hat sich einiges getan, denn nicht nur Bögen und Schusswaffen gehören zu unserem Arsenal.
Neben den normalen Waffen stehen uns im Kampf auch sehr nützliche Omyo-Magie Zauber zur Verfügung. Damit lassen sich zum Beispiel Elementar-Buffs (Feuer-, Wasser-, Reinheitsschaden) auf unsere Waffen legen. Aber nicht nur zusätzliche Schadensarten können herbei gezaubert werden, auch Heilzauber können auf der Reise das Leben etwas erleichtern. Was die Zauber für Spieler mit Magie-Attributen sind, sind die Ninjutsu-Gegenstände für die Geschicklichkeits-Builds. Zu diesem Ninja-Arsenal zählen Wurfwaffen wie Shuriken, Giftpfeile und platzierbare Fallen.
Die besonders schweren Yokai besitzen sogenannte Seelenkerne, die wir in unsere freischaltbaren Schutzgeister einbinden können, und so erlangen wir mächtige Fähigkeiten, die sich in unserer Yokai-Form anwenden lassen. So ist es möglich Zauber wie eine riesige Schlange, Feuerbälle oder sogar einen Kappa Schutzpanzer zu beschwören.
Stehaufmännchen mit Kampfgeist



Die Gebiete sind erfrischend abwechslungsreich. Wir kämpfen uns durch alte japanische Befestigungsanlagen, kleinere Bambuswäldchen und von Dämonen überrollte Dörfer, klettern über Hausdächer oder winden uns durch alte und dunkle Tunnelanlagen. Es kommt auch hin und wieder vor, dass wir Gebiete durch Nebenmissionen erneut besuchen, doch diese finden dann zum Beispiel zu einer anderen Tageszeit statt oder haben ein anderes begehbares Layout mit teils neuen Gegnern. Es bleibt also abwechslungsreich, obwohl wir einiges an Backtracking zurücklegen.
Ich bin erstaunt, wie oft und auf welch kreative Art und Weise mich Nioh 2 schon in den Tod geschickt hat. Hier lauert der alte Miesepeter im wahrsten Sinne an allen Ecken, denn nicht nur die extrem schweren Dämonen können einen aus den Latschen hauen, die Gebiete in denen wir unsere Missionen erfüllen müssen, sind gespickt mit Fallen. Oftmals sind die einfach erreichbaren Objekte die heimtückischsten, denn in Nioh 2 ist einfach oft sehr verdächtig. Man sollte immer den Blick für das große Ganze haben, denn je einfacher, desto gefährlicher. Tipp: Die Umgebung immer genau erkunden – es lohnt sich!
Gemeinsam in der Hütte abhängen



Wenn es als Einzelkämpfer nicht mehr weiter geht, dann hilft die Torii-Pforte. Über diese Schnittstelle (Voraussetzung: PlayStation Plus Abonnement), die wir über unsere Hütte auf der Landkarte ansteuern können, ist es möglich sich mit zwei weiteren Spielern vorab zusammenzuschließen, um eine ausgewählte Mission zu meistern. Diese Koop-Komponente bringt nicht nur deutlich mehr Spielspaß ins dämonische Action-Rollenspiel, sie macht uns das Leben auch deutlich leichter. Denn so ist es nun möglich die Angriffe der Gegner deutlich besser zu unterbrechen. Ebenso können sich die Mitspieler oder wir selbst hinter die Yokai positionieren und mit dieser Aufstellung stärkere Angriffe landen. Auch die Kombination aus Nah- und Fernkampf lässt sich mit drei Spielern perfekt umsetzen: So war es uns möglich, schwere Gegner unter einem Übergang zu positionieren, mit einer gezielten Attacke von oben auf dem Widersacher zu landen und so den Kampf erfolgreich abzukürzen.
Release:
13. März 2020
USK:
ab 16 Jahren
Genre:
Action-Rollenspiel, Souls-like
Spielzeit:
Kampagne: ca. 60+ Stunden, verschiedene Skillungen perfektionieren, Clan-Kriege und Zwielichtmissionen: 100+ Stunden
Entwickler:
Team Ninja
Publisher:
Sony Interactive Entertainment
Erhältlich für:
PlayStation 4
Fazit
Nioh 2
Nioh 2 ist für mich die neue Spitze des Souls-like Genre, denn keiner der anderen vergleichbaren Titel bietet so ein komplexes Kampfsystem, solides crafting und eine Story, der man gerne lauscht. Wer schwere Spiele mag, wird sicherlich mit Nioh 2 unzählige Spielstunden garantierten Spielspaß haben. Dennoch ist auf der PlayStation 4 ein PlayStation Plus Abonnement von Vorteil, denn der Expeditions-Modus ist eine klare Mehrspieler-Empfehlung. Team Ninja lässt es mit dem Nachfolger ordentlich krachen! Der Umfang von Nioh 2 ist grandios und ich kann jedem Souls-like Fan dieses Spiel nur ans Herz legen, vorausgesetzt man bringt viel Ausdauer mit. Einige der Gegnerkombinationen sind bereits während der Kampagne so fordernd, da kann man sich schon mal einen ganzen Tag an nur einer einzigen Mission die Zähne ausbeißen. Legt Euch auf jeden Fall ein Handtuch neben den Controller, denn ich kann nur sagen »solche Schwitzepfoten hatte ich selten bei einem Spiel«. Aber so muss das!
Pro
- sehr große Waffenauswahl
- detaillierte Charaktererstellung
- stimmige Zwischensequenzen
- fordernde Bosse
- Crafting
- Koop-Modus
- »New Game Plus«-Modus
- Clan-Kämpfe
- KI-Koop Partner
- Orchestraler Soundtrack
Contra
- Koop-Modus nur mit PlayStation Plus Abonnement
- Bosse/Arenen extrem schwer
- keine deutsche Sprachausgabe
Letzte Worte
-
Dämonisch gut!