Warum erscheint unser Testbericht zu Starfield erst so spät? Die Spielwelt von Starfield mit ihren hunderten von Planeten, Bücher füllenden Dialogoptionen und gefühlt unendlichen Nebenquests ist so gigantisch vom Umfang, da benötigten wir dementsprechend mehr Zeit, um alles zu erkunden!
Nach über 120 Stunden auf dem PC und ca. 30 Stunden auf der Xbox One über den Cloud Service haben wir aber nun genug gesehen, um eine neutrale Wertung abzugeben, die sich nicht vom Hype rund um das neue Rollenspiel von Bethesda beeinflussen lässt.
Knapp 40 Jahre Spielgeschichte

Starfield ist vom amerikanischen Spieleentwickler Bethesda, welcher vor allem durch die erfolgreiche Reihe The Elder Scrolls und den vielen Fallout-Spielen bekannt ist. Bethesda hat seinen Hauptsitz in Rockville, Maryland in der USA und produziert seit 1986 Videospiele. Das erste Videospiel von Bethesda war übrigens kein Rollenspiel wie man vermuten mag, sondern das Sportspiel Wayne Gretzky Hockey aus dem Jahr 1988. Seit 2021 gehört Bethesda zu den Xbox Game Studios.
Ein kostbares Stückchen Metall

Typisch für ein Rollenspiel aus dem Hause Bethesda ist, dass wir uns selber spielen dürfen und doch jederzeit umschalten können auf die First-Person– oder die Third-Person-Perspektive. Wir starten unsere Weltraumkarriere als einfacher Minenarbeiter oder Minenarbeiterin mit dem Spitznamen Dusty für die Argos Mining Company und durchleben in den ersten Spielminuten, worauf es beim Abbauen von kostbaren Erzen ankommt.
Auf Befehl unserer Vorgesetzten rücken wir in einen Bereich der Mine vor, in dem ein seltsames Artefakt unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht. Als wir das kostbare Stückchen Metall aus der Wand lösen erleben wir plötzlich einen kurzen aber sehr wilden Trip durch die Sterne, untermalt von bunten Lichteffekten und klassischer Musik. Was war das? Ohne Erklärung für das gerade Erlebte kehren wir an die Oberfläche zurück, wo zugleich ein Raumschiff der Constellation landet.
Die erste Flugstunde mit System

Kurzerhand werden wir Barrett und seinem Roboter Vasco von der Constellation vorgestellt, der uns spontan sein Raumschiff leiht, um mit dem Artefakt schnellstmöglich zur Zentrale, der Constellation Loge, zurückzukehren. Doch bevor wir uns auf den Weg zu dieser oftmals von anderen Behörden belächelten Organisation machen, müssen wir uns gegen die gierigen Crimson Fleet Piraten behaupten, die bereits an Barretts Hacken klebten.
Forschen wie Jacques-Yves Cousteau

Was ist das für eine merkwürdige Organisation, zu der wir uns auf den Weg machen? Die Constellation beschäftigt sich mit dem Unbekannten im All und ist immer auf der Suche nach Spuren anderer Kulturen.
Vor Ort in der Großstadt New Atlantis sollen wir unser Erlebnis schildern und uns den anderen Mitgliedern dieser außergewöhnlichen Forscher-Gruppe vorstellen. Wie sich herausstellt, ist das Artefakt nur ein kleiner Teil eines viel größeren Objekts. Mithilfe der Constellation, deren Erfahrung und Geldmittel suchen wir nun alle weiteren Bruchstücke. Und damit beginnt unser wildes Weltraumabenteuer.
Dieses Spiel hat ein Eigenleben

Wieder einmal überzeugt Bethesda mit seinen Unmengen an Dialogoptionen, die sich je nach Ausbau des Skilltrees, der Zugehörigkeit diverser Fraktionen und unseren Begleitern auswählen lassen. So haben wir im späteren Spielverlauf nicht nur die mickrige Auswahl von gutwilligen und negativen Entscheidungen zu fällen, sondern können geschickt nach mehr Informationen bohren, eine bessere Bezahlung herauskitzeln oder sogar neue Verbündete finden.
Alle Dialoge wurden aufwendig eingesprochen, was für lesefaule Spieler*innen und gerade bei dieser unfassbaren Menge an Informationen ein großer Segen ist. Leider ist die Lippensynchronisation in der deutschen Übersetzung stellenweise extrem verfehlt, woran man sich aber im Laufe der vielen sehr unterhaltsamen Spielstunden gewöhnt.
Einfach mal abschalten und berieseln lassen

Ein sehr gutes Beispiel für die grandiose Vielfalt und Abenteuerdichte habe ich direkt zum Spielstart erlebt, denn eigentlich war ich nur auf dem Weg, meine erste große Mission abzuschließen und schon befand ich mich in einem weit entfernten Sektor, habe Froschplakate für ein kleines Mädchen aufgehängt, bin einer Straßengang beigetreten und obendrein sollte ich für das Militär die berühmt berüchtigten Piraten infiltrieren.
Ich habe binnen weniger Minuten mein eigentliches Ziel aus den Augen verloren und mich total auf die tolle Spielwelt eingelassen. Genau das macht ein Rollenspiel von Bethesda so faszinierend.
Verlust von Raum- und Zeitgefühl

Starfield ist zwar keine Weltraumsimulation, aber das Gefühl zwischen all den Sternen zu reisen, Planeten zu besuchen, die unterschiedlichen Schwerkräfte zu erleben, Rohstoffe zu erbeuten und sogar seine eigenen Raumschiffe und Basen zu bauen, ist eine absolute Wucht.
Die ersten 20 Stunden habe ich jeden Pixel dieser toll ausgebauten Spielwelt verschlungen, jeden Dialog bis zum Ende aufmerksam verfolgt und tatsächlich meinen Schlafrhythmus im echten Leben total ruiniert. Diese spacige und gefühlsechte Spielwelt ist etwas ganz Besonderes!
Intuitives Gameplay und fantastische Weltraumkämpfe

Leider sind die Weltraumschlachten, in denen wir mit unserem Raumschiff gegen andere uns feindlich gesinnte Flotten antreten, etwas rar gesät. Das ist sehr betrüblich, denn diese Schiffskämpfe sind eine echte Augenweide. Dabei verwalten wir kinderleicht die Energie unseres Reaktors auf die Waffen-, Schild- und Antriebssysteme. Je nach Bauart unseres Raumschiffs sind wir mal flotter im Kampf unterwegs oder haben mehr Waffen an der Außenhülle befestigt.
Mit einem weiteren Befehl lässt sich sogar der in Mitleidenschaft gezogene Rumpf unseres Schiffes während des Kampfes reparieren, vorausgesetzt, wir haben genügend Schiffsteile im Gepäck.
Ein Raumschiffeditor wie er im Buche steht

Wow, so einen guten Editor habe ich nicht erwartet! Fast 5 Stunden habe ich damit verbracht Raumschiffe zu bauen. Erst waren meine Entwürfe eher lustiger Natur oder ähnelten hin und wieder einem Nachbau eines berühmten Raumschiffs diverser Filme, doch später habe ich gleichzeitig auch den wahren Nutzen dieses Editors für mich entdeckt.
Da Starfield von sich aus keinen echten Superfrachter hat, habe ich mir schlichtweg einen eigenen gebaut. Dabei macht das Aussuchen aus den vielen zur Verfügung stehenden Teilen richtig viel Spaß. Klar steht bei einem Frachter eher der Nutzen vor einem coolen Design, aber trotzdem schaut das Ergebnis am Ende glaubwürdig aus.
Dieser Editor ist meiner Meinung nach so gut gelungen, dass er schon fast als eigenständiges Spiel funktioniert. Schade eigentlich, dass sich dieser intuitive Baukasten nicht positiv auf das verkorkste Inventarsystem des Spiels ausgewirkt hat.
Leben die Entwickler hinterm Mond?

Doch neben all dieser Lobeshymnen, wie toll und vielfältig diese neue Spielwelt von Starfield auch ist, gibt es für mich einen klaren Spielspaßdämpfer, das Inventar- und Logistikmanagement! Dazu hole ich am besten etwas aus: Skyrim erschien am 11. November 2011, also vor ca. 12 Jahren. Seitdem gibt es eine schier endlose Liste an Mods, die das tolle Rollenspiel von Bethesda seither am Leben halten und es zu einem der erfolgreichsten Rollenspiele aller Zeiten macht.
Zu den beliebtesten Skyrim-Modifikationen gehört das SkyUI mit ca. 25 Millionen Downloads. Dies ist aber keine Mod, die das Spiel optisch aufhübscht, es ist eine Modifikation, die für mehr Übersicht im Inventar sorgt. So können Spieler*innen auf einen Blick erkennen, welche Art von Gegenstand sich im Inventar befindet, wie schwer er ist und wie wertvoll er sein kann. All das gibt es in der Mod auf einen Blick ohne sich durch mehrere Menüs zu klicken.
Die Kritik wirkt für einige sicherlich etwas kleinkariert, doch im späteren Spielverlauf schleppen wir so viele Güter mit uns herum, wodurch das Verwalten dieses altmodischen Inventars zur Last wird. Da hätte ich nach der Veröffentlichung von Skyrim vor 12 Jahren und den Erfahrungswerten der Modding-Community in diesem Punkt deutlich mehr von Bethesda erwartet.
Ungewolltes Messie-Syndrom

Trotz der harten Kritik schafft das Inventarchaos auch realistische Bedingungen. Mein Raumschiff sah nach ca. 20 Stunden aus, als würde jemand mit sehr unordentlichen Gewohnheiten darin hausen. Hier liegen Materialien am Boden und die Sitzecke wurde zur Garderobe zweckentfremdet.
Das lustige daran, meine Begleiter*innen verteilen beim Durchqueren des Raums mein Trümmerfeld bis ins Cockpit, was nicht nur total daneben aussieht, es erzeugt auch ein wildes Gepolter, als würde ein Sandcrawler der Jawa gerade durch die Wüste eiern. Das klingt zwar echt Panne, aber ich liebe diese Details, denn es sorgt für Leben an Bord. Ja, Starfield besitzt ihn, den Charme, den ein Rollenspiel von Bethesda haben muss.
Release Termin:
6. September 2023
USK:
Ab 16
Genre:
Rollenspiel
Spieltyp:
Einzelspieler
Entwickler:
Bethesda Game Studios
Publisher:
Bethesda Softworks
Erhältlich für:
PC, Xbox Series, Xbox Cloud
Fazit
Starfield
Wenn ich groß bin möchte ich Astronaut werden! Dieser oftmals ausgesprochene Kindheitstraum geht in »Starfield« nahezu in Erfüllung. Die Präsentation des Weltalls mit seinen vielen funktionierenden Sonnensystemen und der zeitnahen Darstellung der bemannten Raumfahrt ist so glaubwürdig, dass mich die Spielwelt von »Starfield« in nur wenigen Minuten verschlungen hatte. Immer wieder blickte ich den landenden und gerade startenden Raumschiffen hinterher, denn der Sound und die Animation kurz vor dem Bodenkontakt sind absolut gelungen. Für mich ist das neue Rollenspiel von Bethesda genau das Weltraumspiel, nach dem ich schon viele Jahre suche. Klar ist das Highlight von »Starfield« das tolle Dialogsystem, doch mit einem selbst gebauten Raumschiff die ersten Gefechte gegen die Crimson-Piraten zu gewinnen, fühlt sich glatt noch besser an. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die kleinen Ungereimtheiten wie das unübersichtliche Inventar und die Planung interstellarer Logistik-Außenposten noch durch die Modifikationen der treuen Bethesda-Community verbessert werden. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, wie sich das Spiel im Laufe der nächsten Jahre noch verändern wird und wie viele Ausflüge wir in die tollen Welten von »Starfield« unternehmen werden.
Pro
- Unzählige Dialogoptionen
- Echte Entscheidungsfreiheit
- Gigantische Open World
- Lebendige Spielwelt mit funktionierendem Eigenleben
- Fantastischer Raumschiff-Editor
- Wunderschöner Detailgrad von Stationen und Schiffen
- Sehr gutes Waffen- und Rüstungsdesign
- Viele Begleiter*innen mit spannenden Geschichten
- Guter Humor
- Viele gute Physikspielereien (einige sicher ungewollt)
- Glaubwürdige Umgebungen
- Hunderte von Planeten mit eigener Flora und Fauna
- Umfangreicher Skilltree
- Neue Waffenteile, Rüstungsmods und Bauoptionen durch Forschung
- Fantastischer Soundtrack
Contra
- Logistik- und Inventarmanagement fühlt sich veraltet an
- Schleichen funktioniert nicht gut
- Eigenes Inventar bietet mehr Platz als der Laderaum des Raumschiffs
- Skilltree kann nicht zurückgesetzt werden
Letzte Worte
-
Starfield wird (wie Skyrim) die nächsten 10 Jahre im Gespräch bleiben.
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