Ihr wollt ein richtiges Rollenspiel – Obsidian Entertainment und Private Division zeigen wie es geht. »The Outer Worlds« gehört zu den großen Überraschungen des Jahres und ist ein Muss für alle Rollenspiel-Fans. Wie sagte ein Kumpel diese Woche auf dem TeamSpeak Server so schön: »The Outer Worlds erinnert ein wenig an die leider vorzeitig eingestellte Serie Firefly.« Ein bisschen Wild West Feeling, gepaart mit einer Prise Space Age und abgerundet mit allem, was wir Rollenspieler so gerne mögen – Quests und Möglichkeiten wohin das Auge reicht. Obsidian Entertainment ist bekannt für gute und klassische Rollenspiele, was sie auch in der Vergangenheit mehrfach erfolgreich mit Titeln wie Fallout: New Vegas, Pillars of Eternity und Star Wars: Knights of the Old Republic II: The Sith Lords unter Beweis gestellt haben. Also fackeln wir nicht lange und tauchen in die Handlung ein.
Taufrisch auf den Tisch

Alles beginnt mit einer chaotischen Szene, wie der verrückte Wissenschaftler Phineas Welles, der etwas an Rick aus der Zeichentrickserie Rick and Morty erinnert, uns aus einem im Weltraum herumtreibenden Kolonierraumschiff namens Hope befreit. Doch von einer einfachen Befreiung kann man da nicht reden, denn wir befinden uns nicht etwa in einer Zelle, sondern schlafen bereits seit mehreren Jahrzehnten eingefroren wie eine auf Vorrat gekaufte Packung Tiefkühlmais, in einer von vielen Eiskapseln. Phineas Welles berichtet uns, dass es einige seltsame Nebenwirkungen geben kann, wenn man nach so langer Frostaufbewahrung plötzlich wieder zurück in das bunte Treiben zurückgeholt wird. Von der Verflüssigung von Gliedmaßen bis hin zur Verwandlung in andere Lebewesen kann alles passieren, doch wir bleiben bis auf einen sehr nützlichen Nebeneffekt, die Zeit verlangsamen zu können, von all den Prognosen des durchgeknallten Wissenschaftlers verschont.
Doch warum wurden ausgerechnet wir aus den Hunderten von Frischhaltekapseln auserwählt? Ganz einfach, wir waren der nächste in der Reihe – die vorherigen Auftau-Experimente sind wohl nicht so glücklich wie in unserem Fall verlaufen, daher wohl auch die ausführliche Warnung der eventuellen Nebenwirkungen. Ja, der schwarze und sehr gelungene Humor kommt schon zu Beginn der Weltraumreise »straight in ya face«. Und da wären wir schon bei einem kleinen, aber für den ein oder anderen Spieler sehr negativen Kritikpunkt zu The Outer Worlds: Alle gesprochenen Dialoge sind leider nur auf Englisch verfügbar. Die umfangreichen Unterhaltungen, die teilweise pro Charakter über 10 Minuten Dialogstoff bieten, sind zwar gut eingesprochen und auch akustisch super verständlich, dennoch dürfte dies ein Manko für manchen deutschsprachigen Spieler sein.

Da wir nun erfolgreich unseren Zustand von fest und leblos zu lebendig und zielstrebig durchlaufen haben, werden wir mit unserer Aufgabe vertraut gemacht. Uns erwartet ein megakorruptes System mit manipulierten Bewohnern und einer Industrie, die sich absolut hirnverbrannt gegen Menschenrecht und Lebensqualität wendet. Wir sollen unsere Kontaktperson (Captain Hawthorne) auf Terra 2 treffen und werden mit einem kleinen Pod auf den passenden Planeten zu den übermittelten Koordinaten geschossen. Wie sich herausstellt, ist unser Kontakt auf dem fremden Planeten nicht der hellste Stern am Firmament, denn als wir unsere Kapsel verlassen, können wir nur noch einen Teil seiner Überreste unter unserem Pod erkennen… Ab jetzt sind wir auf uns allein gestellt und ballern, verhandeln und organisieren uns durch unsere Mission, immer mit Gegenwind aus dem herrschenden System.
Crew mit Gesprächsbedarf

Im Laufe unseres Weltraumabenteuers gegen das verrückte System des sogenannten Vorstands, erhalten wir auf unserem Raumschiff immer mehr verzweifelte Flugbegleiter, die sich nach Abwechslung sehnen. Diese freiwillige Crew, die sich aus unseren Entscheidungen formt, kann uns im Kampf oder auch verbal in heiklen Situationen unterstützen, oder uns gar in solche bringen. Was mir besonders gut daran gefällt ist die Eigendynamik, die manche Unterhaltungen dadurch annehmen. Besonders spannend wird das, wenn ein Begleiter einem mitten in der Unterhaltung ins Wort fällt und seine Meinung herausposaunt und damit eventuell für eine ganz andere Wendung oder zusätzliche Gesprächsoptionen sorgt.

Wie aus alten Obsidian-Rollenspielen bekannt, kommt auch hier wieder die Stärke des ausgebauten Charakters zum Vorschein, denn mit der Steigerung unserer Sprachattribute können wir weitere Fragen und Antworten stellen. So gelingt es zum Beispiel dem Gegenüber gekonnt eine Lüge zu erzählen, um selber die erbeutete Ware einzusacken oder mit wissenschaftlichen Themen zu überzeugen, um eine zusätzliche Bezahlung auszuhandeln.
Charakter mit Charakter



Aber genug mit den Dialogen – jetzt wird geballert! Genau so fühlt es sich oftmals an, denn all die guten Geschichten kommen ohne unsere schießwütige Handlung am Ende der Geschichte kaum aus. Selten sind wir einfach nur Bote einer gewaltfreien Nachricht. Wir durchstreifen die einzelnen Areale der Landezonen und ballern uns durch alles, was rote Balken über den Köpfen bekommt. Doch hier ist auch Vorsicht geboten, denn in The Outer Worlds ist das wilde Herumfuchteln mit dem Schießeisen nicht immer ratsam. Wer sein Ziel verfehlt und auf die Falschen schießt, der kann seinen örtlichen Ruf gefährden oder gar einen wichtigen Quest-NPC über den Haufen schießen.
Wie schon immer in solchen komplexeren Rollenspielen, können wir unserem Langfingertalent freien Lauf lassen. Hier wird alles mitgenommen was nicht bei drei auf den Bäumen ist, vorausgesetzt man lässt sich nicht von den Besitzern oder Augenzeugen erwischen, oder die Last der mitgeführten Gegenstände macht das Fortbewegen unmöglich. Auch das Hacken von Computern/Terminals ist in The Outer Worlds ein wichtiger Bestandteil des Spiels, denn so bekommen wir oftmals Zugang zu abgeriegelten Bereichen oder erlangen wichtige Hintergrundinformationen, um unsere wortgewandten Quest-Gesprächspartner gewaltig unter Druck zu setzen.
Ebenso ein tolles Rollenspiel-Element finde ich, ist die Entwicklung von Charakterschwächen, die aufgrund mehrmaliger Fehlschläge oder schwieriger Kämpfe entstehen. Kämpfen wir zum Beispiel mehrmals gegen starke Roboter und müssen wir uns des öfteren heilen, so bekommen wir einen Malus gegen diese Art von Gegnern vorgeschlagen. Als Ausgleich, wenn wir uns dieser Schwäche ergeben, bekommen wir einen weiteren Skillpunkt, um dafür eine Stärke besser auszubauen. Fairer Deal oder?
Release:
25. Oktober 2019
USK:
ab 16 Jahren
Genre:
Rollenspiel, Action-Rollenspiel
Spielzeit:
ca. 40+ Stunden
Entwickler:
Obsidian Entertainment
Publisher:
Private Division
Erhältlich für:
PlayStation 4
Xbox One
Windows PC
Fazit
The Outer Worlds
Wäre die Welt oder das Sonnensystem von The Outer Worlds nicht auf Realismus getrimmt, könnte man manchmal meinen, man spielt in einer Folge Futurama von Matt Groening mit. An jeder Ecke gibt es etwas lustiges, komisches oder gar eine seltsame Eigenheit der Bewohner zu entdecken. Das reicht von der Diät-Zahnpasta bis hin zu den künstlichen Fenstern, die auf die Siedlungs-Spacecontainer montiert wurden. The Outer Worlds ist ein rundum solides Rollenspiel, welches für unzählige Stunden Spielspaß sorgt. Erhältlich ist das Rollenspiel für die aktuelle Konsolen-Generation und den Windows PC. Kleiner Tipp am Rande: The Outer Worlds ist im Microsoft Game Pass enthalten, so müsst Ihr den Titel nicht zum Vollpreis kaufen. Ich bin hin und weg was The Outer Worlds betrifft, denn es ist verdammt lang her, das ich so ein klassisches Action-Rollenspiel auf diesem Niveau gedaddelt habe. Ich hoffe Obsidian Entertainment bleibt sich seiner Linie weiter treu und wir dürfen noch viele Rollenspiele dieser Art erleben.
Pro
- sehr gute Dialoge
- schwarzer Humor
- gelungenes Space-Age-Design
- abwechslungsreiche Quests
- Umfang
Contra
- keine deutsche Sprachausgabe
Letzte Worte
-
Futurama trifft Fallout
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