Ein schwarzer unauffälliger Anzug, eine schmale rotfarbene Krawatte, tiefe Stimme und der Blick des Todes – die Rede ist natürlich von Agent 47, dem kahlköpfigen Killer mit dem Barcode: 640509-040147 am Hinterkopf. In seinem vorerst letzten Abenteuer in der Welt der Attentate-Trilogie nimmt es der verwandlungsfähige Schleicher nochmals mit der geheimnisvollen Organisation Providence auf, um der Agenten-Hetzjagd endlich ein Ende zu setzten. Die neue Hitman-Reihe und deren Geschichte begann 2016 mit Hitman 1 und feiert nun im dritten Teil das große Finale. Das Besondere an den Hitman-Spielen ist, dass wir uns nicht wild durch die Level ballern, sondern uns mit passenden Verkleidungen wie ein Schatten an unsere Zielpersonen heranschleichen. Die Glanzleistung einer perfekten Eliminierung liegt darin, es wie einen Unfall aussehen zu lassen, sodass keiner von einem gezielten Attentat ausgehen kann. Da stürzen schon mal Kronleuchter von der Decke und die Weinverkostung endet nicht mit einem dicken Schädel, sondern in der Leichenhalle. Alles ist möglich!
Die Weltreise beginnt!

Vorsicht Spoiler! Wer Hitman & Hitman 2 noch nicht gespielt hat, diesen Absatz bitte überspringen.
Was bisher geschah: Killer Agent 47 und dessen vertraute Vermittlerin bei der ICA (International Contract Agency) Diana Burnwood, wurden nichts ahnend von einem Schattenklienten angeworben, um mehrere Agenten (Auftragskiller) der Organisation Providence auszuschalten. Die Konstante, das Oberhaupt von Providence, tritt an Diana heran und unterbreitet ihr ein Angebot, welches sie nicht ablehnen kann. Währenddessen findet Agent 47 jedoch heraus, dass es sich bei einem der Agenten auf der Liste um seinen alten Freund Lucas Grey aus Kindheitstagen handelt (ja, man mag es kaum glauben, aber Agent 47 hat tatsächlich Freunde). Er und Diana wechseln kurzerhand die Seiten, um gemeinsam die Organisation Providence zu vernichten. Letztendlich gelingt es ihnen, die Konstante gefangen zu nehmen und Arthur Edwards dazu zu zwingen, ihnen die wahren Identitäten der drei großen Providence-Partner zu enthüllen – würde man diese Partner eliminieren, wäre der Krieg endgültig vorbei und Providence für immer zerstört. Doch wie es das Schicksal so will, hat die neue Konstante noch einen Trumpf in der Hinterhand. Genau an diesem Punkt wird die Geschichte von Hitman 3 fortgeführt.

»Willkommen Agent 47 …« im finalen Sandkasten-Abenteuer! Doch bevor es mit dem wilden Verkleiden und dem geschickten Ausspionieren losgeht, gibt es wie üblich in den wirklich sehenswerten und grafisch dargestellten Briefing-Zwischensequenzen, die entsprechenden Informationen über die auffindbaren Zielpersonen und den jeweiligen Einsatzort. Apropos Zwischensequenzen: Die kleinen Filmchen vor und nach den spielbaren Missionen sind nun wieder echte Zwischensequenzen im Look der Spielegrafik und nicht wie aus dem zweiten Teil bekannt, nur teilanimierte Standbilder.

Diesmal geht es erneut rund um den Globus, den bösartigen Oberhäuptern von Providence immer auf den Fersen. Den eindrucksvollen Start in Hitman 3 und der überarbeiteten Glacier-Engine macht, wie schon in meiner Vorschau beschrieben, der Wolkenkratzer Burj Al-Ghazali (Anlehnung an Burj Khalifa) in Dubai. Gleich zu Beginn des Spiels lassen sich sehr deutlich die neuen Effekte wie Spiegelungen, Lichtstrahlen und glänzende Oberflächen erkennen. Die Räume und Hallen wirken wahrhaft königlich in diesem weitläufigen Areal weit über den Wolken. Auch die herumwuselnden und in großen Mengen versammelten NPCs machen eine gute Figur und haben wie immer nützliche Hintergrundinformationen und lustige Sprüche auf den Lippen, wenn man sich die Zeit nimmt, ihnen zu lauschen. Ein Augenschmaus, denn selbst in meiner WQHD-Auflösung, alle Grafikeinstellungen auf maximal gedreht, schaut der neue Hitman-Teil nicht nur fantastisch aus, das Spiel läuft auch butterweich in allen Situationen.

Zu den neuen Reisezielen in Hitman 3 gehören nun auch Berlin (Deutschland), Dartmoor (England), Chongqing (China), Mendoza (Argentinien) und ein etwas anderer Ort, in dem das Finale stattfindet, aber der bleibt in diesem Test noch ein Geheimnis. Die Auswahl und Gebiete sind sehr schön gestaltet und dank unterschiedlicher Wetter- und Lichtverhältnisse wie Tag und Nacht, wechseln sich die Level auch sehr gut ab.
Mord ist sein Hobby!

In Hitman 3 geht es direkt ans Eingemachte, denn in der ersten Mission muss es Agent 47 gleich mit zwei streng bewachten Zielen aufnehmen, die Laufrouten ausspionieren und sich Zutritt in mehrere Sicherheitsbereiche verschaffen. Wie es sich für ein richtiges Sandbox-Spiel gehört, stehen nun alle Mittel und Wege offen und genau das macht diese Hitman-Reihe zu einem Abenteuer mit fast endlosem Wiederspielwert. Als Agent 47 kann man fast in alle NPC-Rollen schlüpfen und nahezu alles verwenden, was so in der Spielwelt herumliegt. So sind wir zum Beispiel das eine Mal ein Koch und vergiften das Essen unserer Zielperson oder ein anderes Mal ein unauffälliger Handwerker, der eine Sicherung manipuliert, um eine Person gezielt mit einem Stromschlag auszuschalten. Meiner Meinung nach wirken die neuen Level im Vergleich zu den Vorgängern noch abwechslungsreicher und durch die überraschenden Wendungen in der Geschichte baut sich auch diesmal richtig Spannung auf. Normalerweise versuche ich direkt mehrere Gegenstände und Missionen eines Levels freizuspielen, doch diesmal war ich deutlich neugieriger und habe erst alle Missionen durchgespielt, bevor ich mich mit der eigentlichen Sandbox-Mechanik beschäftigt habe.
Es lohnt sich, die Missionen mehrmals zu spielen, denn mit den Belohnungen nach dem Beenden einer Mission verschaffen wir uns mit Agent 47 komplett neue Möglichkeiten, besser an unsere Ziele heranzukommen oder auszuschalten. Es gibt besondere Gegenstände wie einen Dietrich und noch weitere Waffen, die unsere Gegner nur betäuben anstatt zu töten. Wer die beiden Vorgänger besitzt, darf sich auch im dritten Teil wieder mit neuen Startkostümen einkleiden und auch die alten Teile in der neuen Glacier-Engine nochmals genießen.

Besonders gut hat mir diesmal die zweite Mission in Dartmoor gefallen, in der Agent 47 optional in die Rolle eines Privatdetektivs schlüpfen kann. Das englische Prunkanwesen, die vielen Geheimnisse und die Möglichkeit mit Fragen und Antworten eine echte Ermittlung durchzuführen, ist so schön anders, dass ich hier zuerst versuchen werde, alle neuen Einstiegspunkte, Morde und Tools freizuschalten. Natürlich kann man auch relativ schnell durch die einzelnen Gebiete flitzen und die jeweiligen Zielpersonen eliminieren, doch wer sich genau umschaut, kann so viele tolle Details erkennen und superkreative Strategien austüfteln, um an seine Ziele zu kommen. Da kann selbst ein einfaches Gartenwerkzeug wie ein Rechen, zur absoluten Geheimwaffe werden. 🙂 Doch aufgepasst, die Routen der NPCs die auf unsere angepeilten Opfer treffen, sind jetzt gefühlt noch weitläufiger, und so kommt es schon einmal vor, dass nach mehreren Minuten plötzlich ein Alarm losgeht.
Eine große Schwachstelle hat unser Fallendienstags-Held jedoch, Agent 47 kann nur die Kleidung von männlichen Opfern nutzen, also Finger weg von den weiblichen NPCs! Neu im permanenten Arsenal von Agent 47 ist nun das Fotohandy, mit dem wir nicht nur Codes scannen, Spuren und Beweise ablichten, sondern sogar neue Zugänge per Fernzugriff öffnen können.
Hitman-Neueinsteiger aufgepasst!?


Im Bildvergleich sichtbar: Die Zielperson ist in der taktischen Ansicht rot eingefärbt. Alle Personen mit einem Punkt über dem Kopf würden uns in unserer aktuellen Verkleidung erkennen. Die Minimap unten links mit dem Hinweis Feindliches Gebiet zeigt an, das sich Agent 47 mit diesem Outfit hier lieber nicht aufhalten sollte.
Wer weder die ganz alten Hitman-Teile, noch den ersten und zweiten Teil der »Welt der Attentate«-Trilogie gespielt hat, sollte mit dem Komplettpaket (Trinity-Pack) in die Serie einsteigen. Der Spielumfang reicht für Monate, und das könnte sogar noch untertrieben sein. Wenn ich meine Spielzeit aus den alten Teilen plus Hitman 3 addiere, komme ich auf ca. 70 Spielstunden. Neben den sechs verschiedenen Hauptmissionen im dritten Teil gibt es auch wieder unzählige Aufträge, die von anderen Spielern erstellt wurden, oder man tüftelt einfach selbst ein wenig im mörderischen Sandkasten herum.
Wer im Besitz des Trinity-Packs ist, kann auch die alten und extrem unterhaltsamen Sniper-Missionen genießen, die neben dem klassischen Gameplay für deutliche Abwechslung sorgen. Wer also gerne herumschleicht, beim Spielen nicht auf die Uhr schaut und geduldig seine Strategien ausarbeitet, der wird mit der »Welt der Attentate«-Trilogie extrem viel Spaß haben. Kurzer Hinweis: Leider ist für PC-Spieler Hitman 3 nur exklusiv im Epic Games Store verfügbar. Es lassen sich zwar über den IOI-Account die registrierten Vorgänger verbinden und die Boni übertragen, doch ich hätte natürlich auch gerne alle Teile auf einer Plattform gehabt. Doch ein gutes Spiel bleibt ein gutes Spiel, egal auf welcher Plattform es verfügbar ist, oder?
Release Termin:
20. Januar 2021
USK:
ab 18 Jahren
Genre:
Stealth, Action-Adventure
Spielzeit:
Kampagne: ca. 10 Stunden, Missionen & Zusatzinhalte sorgen für Spielspaß weit über 100 Stunden
Entwickler:
IO Interactive
Publisher:
Square Enix
Erhältlich für:
PlayStation 4/5
Xbox One
PC (Epic Games)
Google Stadia
Xbox Series
Fazit
Hitman 3
Hitman 3 bringt die Geschichte über den legendären Killer Agent 47, der mysteriösen ICA und skrupellosen Providence zu einem gelungenen Abschluss. Die neuen und abwechslungsreichen Level wirken in sich stimmig und sind stilvoll mit allerhand Humor und Charme ausstaffiert. Wie es sich für ein richtiges Sandbox-Abenteuer gehört, bringt auch der dritte Teil der Reihe erneut zahlreiche Spielstunden auf den digitalen Tacho. Dank überarbeiteter Engine, alte und neue Inhalte, sowie die nahezu endlosen Community-Aufträge und die vielen verschiedenen Modi, inklusive der neuen VR-Optionen für Konsolen, gehört die Hitman-Reihe für mich zu den Spielen mit dem höchsten Wiederspielwert. Man darf gespannt sein, ob IO Interactive bei dem kommenden James-Bond-Spiel ebenfalls die fantastischen Stärken der Hitman-Reihe ausspielen wird. Ich muss jetzt wieder nach Dartmoor und meinen »Malus Necessarium« Rang und meinen Platz in der Bestenliste verbessern.
Pro
- überarbeitete Glacier-Grafik-Engine (schöne Reflexionen und Spiegelungen)
- es gibt wieder richtige Zwischensequenzen
- abwechslungsreiche und schön ausgestaltete Areale
- mehrere Lösungswege bei Aufträgen möglich
- unzählige Aufträge im Sandbox-Modus
- von Spielern erstellte Inhalte kostenlos erhältlich
- spannende Geschichte mit Wendungen
- speichern des Spiels ist jederzeit möglich
- viele freischaltbare Objekte
Contra
- Sprachausgabe leider wieder nur auf Englisch (deutsche Untertitel)
- Verbindungs-/Synchronisationsprobleme mit IOI-Server
- PC-Version nur im Epic-Games-Store erhältlich
- Berlin-Level nur ein großer Club im Wald
Letzte Worte
-
Ihr Tattoo "Barcode: 640509-040147" kommt mir bekannt vor!?
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